OT: Fading Gigolo
USA 2013
Regie und Drehbuch: John Torturro
Darsteller: John Torturro, Woody Allen, Vanessa Paradis, Sharon Stone, Sofía Vergara
Als Underdog, Außenseiter und Einzelgänger ist John Turturro eine fixe Größe im US-(Independent-)Kino, als (Gelegenheits-)Regisseur meidet er den Mainstream. Im Regiedebüt "Mac" erinnert er sich an den Bauarbeiterpapa, in "Illuminata" taucht er in die Theaterwelt ab und bei "Romance & Cigarettes" überrascht er mit einem Sexkomödien-Musical. Komödie und Sex sind auch bei "Fading Gigolo" angesagt, einem leisen Spaß, der in der Tradition der frühen Arbeiten von Woody Allen steht.
Folgerichtig ist Allen als Turturros Leinwandpartner mit von der Partie. Einen jüdischen Buchhändler namens Murray spielt er, altbewährt mit hektischer Raspelstimme, grauem Haar und Hornbrille. Seinen Laden muss er mangels Kundschaft räumen, eine neue Einkommensquelle ist gefragt. Seine Dermatologin, eine wohl situierte Frau in den besten Jahren, erzählt ihm, dass sie von einer Ménage-à-trois träumt - die neue Geschäftsidee ist geboren. Murray, Künstlername "Dan Bongo", und sein Freund, Blumenhändler Fioravante (Turturro) alias "Virgil Howard", steigen ins "Rent-a-Man"-Business ein - mit "Bongo" als Zuhälter und "Virgil" als "Mann für gewisse Stunden".
Wer nun in Richtung "Deuce Bigalow: Male Gigolo" denkt, liegt vollkommen falsch. Eine typisch verquere "New York Story" spinnt Turturro nach eigenem Drehbuch, die dem klassischen Allen'schen Wortwitz verpflichtet ist. An einem "flotten Dreier", so erinnert sich Murray, habe er auch einmal teilgenommen - in einem Aufzug während des legendären Stromausfalls im Jahre 1977. Geschmackvoll und klug bleibt diese sanfte Tragikomödie, in der es nur in der Prämisse um käuflichen Sex geht - mit Sharon Stone und Sofia Vergara als ebenso verführerischen wie eleganten Kundinnen.
Bald verschiebt sich der Fokus auf die zarte Love Story zwischen Fioravante und Avigal (ungewohnt, aber perfekt gegen den Strich besetzt: Vanessa Paradis), ungeküsste Witwe eines chassidischen Rabbiners, die versucht, ein neues Leben zu beginnen. Misstrauisch beäugt wird diese Mesalliance vom Streifenpolizisten Dovi (Liev Schreiber), der die herbe Schönheit zu erobern versucht. Um Gesten und Blicke geht es, darum, dass Frauen sich vor allem nach Verständnis und Zärtlichkeit sehnen. Immer wieder sieht man den ungewöhnlichen, stilvollen Lover mit den Händen arbeiten - liebevoll knetet er Teig, arrangiert Blumen oder streicht zärtlich über Buchrücken.
Präzise sind die von allen Darstellern subtil gespielten Figuren gezeichnet, nie verkommen sie zu Karikaturen. Gemächlich ist das Tempo, perfekt der Rhythmus und schön gewählt sind die unverbrauchten Schauplätze. Warm, in gedämpftem Licht hält Marco Pontecorvo seine Bilder, Ausstattung und Kostüme überzeugen dank Detailreichtum und Akkuratesse. Ein reifer Film für ein reifes Publikum. www.kino.de
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